Bis vor kurzem war mir noch gar nicht so geläufig, was sich dahinter verbirgt: Leute versuchen, im Internet eher behäbigen Textilkäufern wie mir zu suggerieren, so langsam würde es mal wieder Zeit. Es scheint eine hohe Kunst zu sein, oder zumindest wird sie ordentlich honoriert, so daß es Menschen gibt, die davon gut leben.

Gelegentlich kommen die aus anderen Kulturkreisen. Sind hier zu uns geflüchtet. Wurden geduldet, bekamen möglicherweise Asyl. Bekamen gelegentlich Jobs, wurden aber enttäuscht, daß ihnen wieder gekündigt wurde, als die staatliche Förderung für die Arbeitgeberin aufhörte. Irgendwann haben sie probiert, sind einen Blog angefangen und haben Mitmenschen in ihrer Heimatsprache Textilkäufe anempfohlen oder etwa Kosmetik. Vielleicht auf amharisch gesagt, richtig als Deutscher beginnst du zu fühlen, wenn in dir das Bedürfnis aufkeimt, einmal die Woche durch den Baumarkt zu schlendern.

Auf einmal überweist ihnen Google mehrere tausend Euro, weil es offenbar gut gelingt, ihre Landsleute für deutsches Heimwerken zu begeistern. Sie schicken erstmal einen großen Teil davon an die Verwandtschaft im Heimatland, die es zum Überleben gut gebrauchen kann. Sagen dem Jobcenter, ist gut, danke für eure Anschubhilfe, ich glaube, ich komme jetzt allein klar. Ist ja auch ein gutes Gefühl.

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Das meiste Seltsame kennen Sie vermutlich schon: fehlende Kinderfreundlichkeit der Deutschen manifestiert sich im vollen USt-Satz für Babywindeln. Inkontinenzwindeln sind dagegen ermäßigt. Liebe zum Wald und zum Detail zeigt sich in vier möglichen USt-Sätzen für Tannenbäume, nämlich 5,5%, 7%, 10,7% oder 19%. Kann man nachgoogeln, wann und wieso das so ist.

Heute mal ein Umsatzsteuersachverhalt, der sich in leicht veränderter Form wirklich einmal zugetragen hat, als es das Schengen-Abkommen noch nicht gab. Grundlage war der Wochenendausflug einer Gruppe von Kegelvereinen ins Böhmische mit einem Reisebus, der auf dem Rückweg am Grenzübergang Waidhaus dem Zoll wohl merkwürdig vorkam. Auf Befragen erklärte der Fahrer, er sei eigentlich schon in Rente, habe sich den Bus vom früheren Arbeitgeber-Betrieb ausgeliehen und einen ins Westfälische ausgewanderten Tschechen als Reiseführer dazugeholt, der sich auch darum gekümmert hätte, ein Hotel in Prag zu buchen, die Brauereibesichtigung und alles.

Die Abkürzung „KM“ steht für Kontrollmitteilung. Eine solche bekam das westfälische Heimatfinanzamt des Fahrers vom Waidhauser Zoll und konnte daraufhin feststellen, daß in der Steuererklärung des emsigen Fahrers vom Gewinn aus Kegelausflügen nichts drin stand.

Der Kegelbrüderfahrer bekam in der Folge so einen gelblichen Umschlag, Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens. Die Fahnder luden zu einem Gespräch ins Finanzamt, das sich Vernehmung nennt wie beim Tatort. Erklärten ihm seine Rechte, nahmen ihn unter Hinweis auf mildere Strafen bei Aufklärungsmitwirkung gehörig in die Mangel und erfragten die Anzahl ähnlicher Reisen innerhalb der letzten zehn Jahre (also der Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung). Errechneten eine hinterzogene Einkommensteuer auf den großzügig geschätzten Gewinn, aber auch eine recht beeindruckende hinterzogene Umsatzsteuer aus den geschätzten Einnahmen bei den Touren.

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  • geknipst in Madison, Wisconsin. 130 beets per minute …

Es war harte Arbeit letztes Jahr, aber trotz Corona hat Euer Startup endlich die Talsohle durchschritten. Der Steuerberater erfreut Euch mit einem Bilanzentwurf, in dem doch wahrhaftig erstmalig unter der Rubrik „Steuerrückstellungen“ ein Betrag auftaucht. Böses Wort.

„Stetigkeit“ ist ein gutes Wort. Eigentlich soll bei der Bewertung von Vermögen in der Bilanz oder bei Ausübung von Wahlrechten so ähnlich vorgegangen werden wie im Jahr zuvor. Das ist ein Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung. Kaufleute sollen sich nicht in schlechten Jahren besser rechnen, als die Lage ist, und in guten Jahren sollen sie auch nicht heimlich Bewertungsreserven in der Bilanz verstecken, die man später mal wieder „auftauen“ könnte, wenn sich die Lage verschlechtert. Ist nicht erwünscht, sowas, aber menschlich.

Vielleicht mal eine separate Steuerbilanz machen. Die Handelsbilanz genau und stetig bilden. Aber Wahlrechte steuerlicher Art nutzen, wenn sie Euch vom Gesetzgeber angeboten werden. Erstmals 2021 können alte Restbuchwerte von Hard- oder Software auf Null abgeschrieben werden. Abschreibung für Anlagen geht neuerdings nicht mehr nur linear, sondern wahlweise auch wieder degressiv. Lohnt sich bei bestimmten langlebigen Investitionen. Wenn man noch kleines oder mittleres Unternehmen ist, kann man möglicherweise eine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen. Sollte man machen, wenn man ansonsten Steuern zahlen würde. Irritiert ja niemanden, wenn es nur in die Bilanz gelangt, die für den Fiskus bestimmt ist.

Man sollte gucken, ob für alle Risiken Rückstellungen gebildet wurden. Für nicht genommenen Urlaub, nicht abgefeierte Überstunden der Belegschaft. Für laufende Prozesse und Gewährleistungen in üblicher Höhe. Sicher muß man sich drauf vorbereiten, das bei späteren Betriebsprüfungen auch begründen zu können. Mit Aufzeichnungen über den Zeitaufwand, den das trouble shooting verursachte. Klar, ist nirgendwo gebucht, muß man separat festhalten. Aus den Terminkalendern der Leute, die’s tun mußten, extrahieren.

Man könnte Forderungen abwerten, wenn üblicherweise ein Teil davon ausfällt. Geht pauschal, aber manchmal bringt’s mehr, den Abwertungssatz aus einzelnen Komponenten zu berechnen: tatsächlicher Ausfall, Mahn- und Beitreibungskosten, kalkulatorische Verzinsung für die Zeit der durchschnittlichen Laufzeit einer Forderung.

Ihr sagt der Steuerberaterin das nur als Beispiel zum Einstieg. Wenn sie gut ist, und das ist sie ja, wird sie auf weitere Wege hinweisen, die helfen könnten, die Steuerrückstellung kleiner ausfallen zu lassen.

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